Sermons on “Römerbrief”

4. Sonntag nach Trinitatis 2022: Lasst uns im Leiden auf das vertrauen, was Gott noch an uns tun will.

Bei einem Besuch in der Stadt Florenz, in einer Halle der dortigen Kunstakademie, ist ein besonderer Ort zu finden. Hier befindet sich die so genannte „Halle der Gefangenen“. In ihr stehen vier unvollendete Steinskulpturen. Einst arbeitete ein Künstler an diesen Marmorblöcken, aber er hörte mitten in seiner Arbeit auf. Die Kanten sind rau. Der Stein ist unförmig. Und doch kann man Figuren erkennen, vier Menschen, die aus dem Felsen auftauchen. Einige haben Gesichter. Anderen fehlen die Arme. Bei einem ist der Rumpf vollendet, aber die Beine verschwinden im unbehauenen Marmor, ebenso wie die Schultern. Was man erkennen kann, ist nur der Anfang von Figuren, ein Hauch von dem, was der große Meister geplant hatte.

Der Künstler ist der berühmte Maler, Bildhauer und Baumeister des 16. Jahrhunderts, Michelangelo. Er hat sie begonnen, aber niemals zu Ende gebracht. Es handelt sich um Sklaven, um Gefangene, die einst als Schmuck für das Grab des Papstes Julius II. gedacht waren. Aufgrund von Änderungen an den Plänen für dieses Vorhaben wurden sie von Michelangelo niemals vollendet. Sein Werk ist eingefroren in der Zeit. Das, was sie einmal waren, grobe Blöcke aus Marmor, ist nicht mehr vorhanden. Was sie sein werden, wunderschöne Skulpturen, ist noch nicht hier. Die Vergangenheit ist vergangen und doch ist sie noch da. Die Zukunft ist hier und doch ist sie noch nicht da.

Diese Steinblöcke, die anfangen wie vollkommene menschliche Figuren auszusehen, aber als solche nur zu erahnen sind, bilden einen passenden Vergleich für das, worüber Paulus in unserem Text spricht. Paulus redet vom Leiden dieser Zeit, dass wir mit der ganzen Schöpfung teilen. Und er redet von der wunderbaren Erlösung der Kinder Gottes, die schon in uns angefangen hat, aber noch nicht vollkommen ist. Wir sind dazu eingeladen zu leben, zu hoffen, auf das zu vertrauen, was noch werden soll: Lasst uns im Leiden dieser Zeit auf das vertrauen, was Gott noch an uns tun will.

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1. Sonntag nach Epiphanias 2022:

Was ist ein Unterschied zwischen Gott und uns Menschen? Nun, wir Menschen neigen zur großen Geste, zu auffälligen Auftritten. Wir mögen es spektakulär. Egal ob Feiern, Filme oder andere Gelegenheiten, die meisten Menschen entscheiden sich für große Dinge, schöne Dinge, auffällige Dinge: Feuerwerk, Spezialeffekte, besondere Orte, berühmte Gäste usw.

Doch Gott tut das genaue Gegenteil. Schauen wir darauf, wie Jesus in diese Welt kommt und sie erlöst, dann sehen wir, die Gott sich klein macht, im Verborgenen, ja in den unscheinbaren, verborgenen und sogar schlechten und bösen Dingen dieser Welt wirkt. Eine Jungfrau aus Nazareth, eine Krippe in Bethlehem, das Haus eines Zimmermanns in Nazareth, ein Wanderprediger, das Kreuz auf Golgatha. Und auch der Anfang des öffentlichen Wirkens unseres Herrn geschieht ganz unscheinbar. Nur gelegentlich blitzt die Macht und Herrlichkeit Gottes auf, die Engel auf den Feldern Bethlehems, Gottes Stimme bei Jesu Taufe und Verklärung, seine Wunder.

Auch unser christliches Leben ist oft genug davon gekennzeichnet, dass wir das Wirken Gottes nur mit den Augen des Glaubens erkennen können. Weder Taufe noch Abendmahl sehen sehr spektakulär aus, keine Spezialeffekte, sondern Wasser, Brot, Wein, Gottes Wort und menschliches Handeln. Aber wie groß sind das Wunder und die Gnade, die dahinterstehen. Das wollen wir heute gemeinsam betrachten, anhand der Taufe unseres Herrn und unserer Taufe.

Vielleicht haben wir uns das schon einmal gefragt: „Jesus wurde getauft, aber warum ist das wichtig? Was hat das mit mir zu tun?“ Antwort: „Eine ganze Menge. Wie wir jetzt sehen werden.“ Der Abschnitt aus dem Markusevangelium und der aus dem Römerbrief werden uns die Verbindung zwischen der Taufe unseres Herrn und unserer eigenen Taufe unter dem Thema „Die Taufe mit unserem Herrn“ verdeutlichen.

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8. Sonntag nach Trinitatis 2018

Zwischen Theorie und Praxis gibt es große Unterschiede. Es ist ein großer Unterschied zu wissen, wie man ein Auto fährt – und es tatsächlich zu tun. Es ist ein großer Unterschied, zu wissen, wie man einen Braten zubereitet – und tatsächlich einen guten Braten zuzubereiten. Zur Praxis gehört nicht nur Wissen, sondern auch viel Erfahrung und Übung.

Ähnlich ist es mit unserem Leben als Christen, als Kinder Gottes. Wir wissen, was Gott von uns erwartet: Er möchte, dass wir ein Leben nach seinem Willen führen. Aber dieses Wissen in die Tat umzusetzen ist oft genug leichter gesagt als getan. Deshalb brauchen wir immer wieder Ermunterung, Ermahnung und Zuspruch. In unserem heutigen Text ruft uns der Apostel Paulus zu: Lebt als Kinder Gottes! Das bedeutet dreierlei:

1. Wir sind dem alten Menschen nichts schuldig.

2. Wir werden vom Geist Gottes angetrieben.

3. Wir sind zu Erben Gottes bestimmt.

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6. Sonntag nach Trinitatis 2018

Fällt unserer Umwelt auf, dass wir Christen sind? – Erkennen unsere Mitmenschen in unserem täglichen Leben, dass wir zu Jesus gehören? Oder merkt man nur gelegentlich an Sonn- oder hohen Feiertagen, dass wir Christen sind? Jesus redet davon, dass wir Salz und Licht der Welt sind. Strahlen wir in unserer dunklen Umwelt. Fallen wir durch gute Werke und ein frommes Leben auf? Erkennen die Leute, dass wir nicht jeder Modeerscheinung hinterherjagen?

Nun, es fällt uns oft sehr schwer in dieser Richtung aufzufallen. Oft fallen wir eben nur dadurch auf, dass wir nicht auffallen. Luther hat einmal gesagt, dass wir als Christen zugleich gerecht und Sünder sind. Ein Christ ist ein ganz eigenartiges Wesen. Auf der einen Seite ist er Gottes Kind. Er ist vor Gott ein Heiliger, weil Christus uns unsere Sünden vergeben hat. Auf der anderen Seite merkt jeder von uns, dass er täglich mit seinen Sünden zu kämpfen hat. Da ist die Versuchung manches Mal groß, einfach aufzugeben. Der Apostel Paulus will uns helfen. Zu Beginn des Kapitels, aus dem unser Text stammt, fragt er:

Röm 6,1f: „Sollen wir denn in der Sünde beharren, damit die Gnade umso mächtiger werde? Das sei ferne! Wie sollten wir in der Sünde leben wollen, der wir doch gestorben sind?“

In unserer ichbezogenen Welt ist die Versuchung groß, Vorteile aus dieser Frage zu ziehen: „Gott vergibt gern und ich sündige, damit ist ja alles in Ordnung!“ Doch das Gesetz zeigt uns unsere Sünde in allen Einzelheiten, und die Gnade Gottes erweist sich immer als größer, reichlicher, überfließender als selbst die größte Menge unserer Sünden. Deshalb sagt Paulus: „Ja nicht! Ja nicht auf Gnade hin sündigen!“ So ermahnt uns Paulus ein gottgefälliges Leben zu führen. Doch woher bekommen wir die Kraft dazu? Unser Text antwortet uns: Unsere Taufe gibt uns Kraft für ein gottgefälliges Leben, denn…

1. …sie hat die Macht der Sünde über uns gebrochen.

2. …sie wirkt in uns ein neues Leben.

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4. Sonntag nach Trinitatis 2018

Bei einem Besuch in der Stadt Florenz, in einer Halle der dortigen Kunstakademie, ist ein besonderer Ort zu finden. Hier befindet sich die so genannte „Halle der Gefangenen“. In ihr stehen vier unvollendete Steinskulpturen. Einst arbeitete ein Künstler an diesen Marmorblöcken, aber er hörte mitten in seiner Arbeit auf. Die Kanten sind rau. Der Stein ist unförmig. Und doch kann man Figuren erkennen, vier Menschen, die aus dem Felsen auftauchen. Einige haben Gesichter. Anderen fehlen die Arme. Bei einem ist der Rumpf vollendet, aber die Beine verschwinden im unbehauenen Marmor, ebenso wie die Schultern. Was man erkennen kann, ist nur der Anfang von Figuren, ein Hauch von dem, was der große Meister geplant hatte.

Der Künstler ist der berühmte Maler, Bildhauer und Baumeister des 16. Jahrhunderts, Michelangelo. Er hat sie begonnen, aber niemals zu Ende gebracht. Es handelt sich um Sklaven, um Gefangene, die einst als Schmuck für das Grab des Papstes Julius II. gedacht waren. Aufgrund von Änderungen an den Plänen für dieses Vorhaben wurden sie von Michelangelo niemals vollendet. Sein Werk ist eingefroren in der Zeit. Das, was sie einmal waren, grobe Blöcke aus Marmor, ist nicht mehr vorhanden. Was sie sein werden, wunderschöne Skulpturen, ist noch nicht hier. Die Vergangenheit ist vergangen und doch ist sie noch da. Die Zukunft ist hier und doch ist sie noch nicht da.

Diese Steinblöcke, die anfangen wie vollkommene menschliche Figuren auszusehen, aber als solche nur zu erahnen sind, bilden einen passenden Vergleich für das, worüber Paulus in unserem Text spricht. Paulus redet vom Leiden dieser Zeit, dass wir mit der ganzen Schöpfung teilen. Und er redet von der wunderbaren Erlösung der Kinder Gottes, die schon in uns angefangen hat, aber noch nicht vollkommen ist. Wir sind dazu eingeladen zu leben, zu hoffen, auf das zu vertrauen, was noch werden soll:

Lasst uns im Leiden dieser Zeit auf das vertrauen, was Gott noch an uns tun will.

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1. Advent 2017

Immer kürzer werden die Tage und die Nächte werden länger. In den nächsten Wochen werden die Stunden, in denen wir Tageslicht haben immer weniger. Deswegen ist ja gerade jetzt die Jahreszeit, in der wir besonders viele Lichter in unseren Fenstern und Wohnungen aufstellen.

Auch in unserem Leben gibt es Licht und Schatten. Sie alle kennen das Sprichwort: „Im Dunkeln ist gut Munkeln.“ Sprich: Im Dunkeln, wenn es keiner sieht, kann ich Dinge tun, die ich im hellen Licht nicht tun würde. Wir reden davon, dass Dinge ans Licht kommen, wenn jemand bei etwas Bösem erwischt wurde.

Dieses Bild von Licht und Schatten, Tag und Nacht und dem für die jeweilige Zeit angemessene Verhalten, greift auch unser heutiger Predigttext auf. Er ruft uns zu: Lebt im Licht des letzten Advents.

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6. Sonntag nach Ostern: Exaudi („Höre, Herr, meine Stimme“) 2016

Heute feiern wir gemeinsam den Sonntag Exaudi, nach dem Eingangspsalm: „Höre, Herr, meine Stimme, wenn ich rufe.“ äußern wir die Bitte, dass Gott uns nicht allein lässt, dass er bei uns bleibt, dass er mit uns redet. Jesus hat seinen Jüngern, vor seinem Tod als auch in den vierzig Tagen nach Ostern immer wieder Mut gemacht. Er wird ihnen den Heiligen Geist, den Tröster senden. Er wird ihnen Mut geben, Kraft verleihen, Trost schenken, sie zu Zeugen machen.

Der heutige Sonntag ist der letzte Sonntag in der Osterzeit, der Sonntag der schon ganz auf das Pfingstfest ausgerichtet ist. Gott hat uns seinen Geist auch heute zugesagt und geschenkt. Er hat versprochen, dass er uns nicht allein lassen wird. Der Apostel Paulus greift diesen Gedanken in unserem Predigttext auf und macht uns deutlich, dass Gott auch jeden von uns nicht allein lässt: Gott will uns trösten, wie er uns versprochen hat, denn wir sind…

1. durch seinen Geist vertreten.
2. durch seine Gnade erwählt.
3. durch sein Evangelium berufen.

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