Sermons on “Evangelium”

Okuli 2023: Lebendiges Wasser.

Ein kluger Mann. Eine durstige Frau. Ein blinder Bettler. Eine trauernde Schwester. In jeder Lesung geht es um einen bestimmten Menschen, dem Jesus begegnet ist. Jeder Einzelne wurde verändert. Sie lebten in Zeiten und an Orten, die weit von unseren entfernt sind, und doch haben wir viel mit ihnen gemeinsam. Wir sind klug. Wir sind durstig. Wir sind in vielen Dingen blind. Wir trauern.

Der Text dieser Woche dreht sich um die durstige Frau, die Samariterin am Jakobsbrunnen. Sie kam zum Brunnen, weil sie Durst hatte. Deswegen war sie mit ihrem Krug und einen ledernen Schöpfeimer unterwegs, um Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Aber das war noch nicht alles. Ihr Gespräch mit Jesus zeigte, dass ihr Durst über ihre körperlichen Bedürfnisse hinausging und sie auch bleibende, ewige Bedürfnisse hatte.

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Reformationsfest 2022: „Was ist das Evangelium und was schenkt es uns?“

Heute wollen wir gemeinsam das Reformationsfest feiern; doch was gibt es heute eigentlich zu feiern? 2017 war dieser Tag ein landesweiter Feiertag, denn es gab ein rundes Jubiläum zu begehen: 500 Jahre Reformation. Heute ist es für die meisten Menschen in unserem Land einfach nur ein arbeits-freier Tag, der in diesem Jahr besonders günstig liegt. Mit nur einem zusätzlichen Urlaubstag hat man ein schönes langes Wochenende: vier Tage frei. Immer weiter verbreitet sich Halloween, ein Feiertag, der aus den USA zu uns gekommen ist.

Die große Bedeutung der Reformation liegt darin, dass Gott durch sie das Evangelium wieder ans Licht gebracht hat, dass vorher verdunkelt und versteckt oder sogar verloren gegangen war. Inso-fern ist die Reformation tatsächlich eine Wieder-herstellung. Die Botschaft, dass Christus unser Bruder geworden ist, um uns zu erlösen, um uns freizukaufen von unserer Sünde und unserer Schuld, die war in weiten Teilen der Christenheit verloren gegangen. Verborgen und versteckt unter z. T. jahrhundertealten menschlichen Traditionen und Ansichten, die menschliche Gedanken über Gott und unsere Rettung in den Mittelpunkt stell-ten. Heute wollen wir anhand unseres Textes, der eher kein typischer Reformationstext ist, genau darüber nachdenken. Was ist Reformation und was bedeutet sie für uns heute? Oder, mit anderen Worten gefragt: Was ist das Evangelium und was schenkt es uns?

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13. Sonntag nach Trinitatis 2022: „Heilsame Lehre – Die Anwendung von Gesetz und Evangelium.“

Woran denkst du, wenn du den Ausdruck „reine Lehre“ hörst? Vielleicht denkst du an eine stolze, siegesgewisse Behauptung: „Wir in der ELFK haben die reine Lehre! Wir sind nicht wie diese anderen Kirchen!“ Vielleicht denkst du bei reiner Lehre daran, dass du alle Fakten im Kopf hast, auf eine leblose, intellektuelle Art und Weise, die nichts mit dem wirklichen Leben zu tun hat. Oder du denkst, dass reine Lehre lieblos ist und sich nicht um die Menschen kümmert, sondern nur darum, die Wahrheit zu bewahren. Nun, nichts davon könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Das Vorurteil, dass die Sorge um die richtige Lehre kalt und lieblos sei, nur mit dem Kopf und ohne Herz, unpersönlich und gefühllos – ist eine Ausrede, mit der Menschen ihre mangelnde Sorge um die richtige Lehre und Praxis entschuldigen. Uns wird vorgeworfen, wir seien besessen von einer „unaufhörlichen inneren Reinigung“, eine Art Selbstgeißelung, weil wir von Buße und Umkehr reden, die auf Kosten der „Mission“ geht. Aber das ist nicht der Fall. In unserem heutigen Predigttext aus dem ersten Brief des Paulus an Timotheus sehen wir, dass Bemühen um eine reine Lehre und Zuwendung zu den Menschen Hand in Hand gehen. Unser Thema heute Morgen lautet daher: „Heilsame Lehre: Die Anwendung von Gesetz und Evangelium“.

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12. Sonntag nach Trinitatis 2022: „Das Evangelium verändert Beziehungen.“

Gerade habt ihr ein ganzes Buch der Bibel als Predigttext gehört. Na ja, fast. Ihr habt 21 der 25 Verse gehört, aus denen der Brief des Paulus an Philemon besteht. Philemon ist eines dieser kleinen biblischen Bücher, die nur aus einem Kapitel bestehen, und bei denen wir für gewöhnlich nur Verszahlen angeben. Davon gibt es fünf: Im Alten Testament ist es der Prophet Obadja, im Neuen Testament sind es der Philemonbrief, der 2. und 3. Johannesbrief und der Judasbrief.

Obwohl der Philemonbrief sehr kurz ist, gibt es hier viel zu entdecken. Dieser Brief des Apostels Paulus zeigt uns eine Menge darüber, wie Christen miteinander umgehen. Er spricht von Gnade, Barmherzigkeit, Freundlichkeit und Vergebung. Er zeigt die Macht Gottes, Beziehungen wiederherzustellen. Und so hat er uns viel zu sagen. Ja, der Brief des Paulus an Philemon mag eine kurze Geschichte sein, aber hier steht viel darüber, wie „das Evangelium Beziehungen verändert“.

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1. Sonntag nach dem Christfest 2022: Der Segen in Christus.

Man kann ein und dieselbe Sache fotografieren und doch würde man auf den ersten Blick nicht erkennen, dass es sich um ein und dieselbe Sache handelt. Da ist ein herrlich Panoramafoto von einem Gebirgswald. Im Hintergrund sind schneebedeckte Gipfel zu erkennen, im Vordergrund viele grüne Nadelbäume. Auf dem nächsten Bild sehen wir dann aber nur noch Nadeln und einen Zapfen.

Eine Weitwinkelaufnahme und ein Bild, auf dem ein einzelner Zweig an einem einzelnen Baum ganz nahe herangezoomt wird. Ein und dieselbe Sache, was aber erst auf den zweiten Blick zu erkennen ist. Beide Blickwinkel sind richtig, beide sind wichtig. Will ich wissen, wo der Zweig zu finden ist, den ich auf dem zweiten Bild sehe, dann hilft mir das erste.

Ja, wir Menschen neigen dazu, uns in Einzelheiten zu verlieren und dabei das große Ganze aus dem Blick zu verlieren. „Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen“, nennt man das. Unser Text vom Anfang des Epheserbriefes ist so eine Weitwinkelaufnahme, wo uns der Apostel Paulus einen Blick auf das Große Ganze werfen lässt, in das sich das Weihnachtsgeschehen einfügt.

Unser heutiger Text, der Anfang des Briefes des Paulus an die Epheser, ist an sich schon etwas Bemerkenswertes. Zwölf Verse, und wenn man sie im Griechischen liest, hat man den Eindruck, dass Paulus kaum eine Atempause einlegt und von einem Segen zum nächsten eilt. Offensichtlich ist der Apostel ganz begeistert vom Evangelium Christi – und so bricht er gleich zu Beginn mit diesem fantastischen Lobgesang über den wunderbaren Segen Gottes heraus:

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus…“

Und das ist erst der Anfang. Lasst uns diesen Text unter folgendem Thema betrachten: Der Segen in Christus. Und zwar der Segen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

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Himmelfahrtsfest 2021: Himmelfahrt, das „vergessene“ Fest?

Willkommen zum „vergessenen“ Fest! Heute feiern wir die Himmelfahrt unseres Herrn. Aber es gibt einen Grund, es, wie ich sage, das „vergessene“ Fest zu nennen. Denn, obwohl Christi Himmelfahrt im Kirchenjahr zu den großen Festen zählt, ist die traurige Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten viele Christen mehr und mehr vergessen, dieses wichtige Fest zu feiern.

Früher konnte man in jeder Kirche einen Himmelfahrtsgottesdienst finden. Aber es wird immer schwieriger Kirchen zu finden, die heute Gottesdienst feiern. Und wo man sie findet, sind es meist nur ein paar Hartgesottene, die auftauchen. Ein Problem ist: Die Himmelfahrt unseres Herrn wird immer vierzig Tage nach Ostern gefeiert. Das bedeutet, dass dieses Fest immer auf einen Donnerstag fällt. Und es ist schon schwer genug, Menschen dazu zu bringen, am Sonntag in die Kirche zu kommen, geschweige denn an einem Donnerstag.

Übrigens gibt es noch ein weiteres großes Fest im Kirchenjahr, das es genauso schwer hat: Epiphanias. Es wird zwölf Tage nach Weihnachten gefeiert, fällt also immer auf den 6. Januar, was bedeutet, dass es fast immer auf einen Wochentag fällt. Außerdem ist es Anfang Januar kalt und dunkel, was die Zahl der Gottesdienstbesucher noch weiter verringert. Man könnte also sagen, dass Epiphanias und Christi Himmelfahrt die beiden vergessenen Feste sind.

Heute wollen wir sehen, warum es so wichtig und segensreich ist, diesen Tag nicht zu vergessen. Denn die Himmelfahrt unseres Herrn ist ein wunderbares Ereignis. „Aufgefahren in den Himmel“, diese Worte finden sich in jedem der drei altkirchlichen Glaubensbekenntnisse! Heute wollen wir sehen, warum wir an die Himmelfahrt unseres Herrn denken und uns daran erfreuen.

Ein Grund – es gibt noch andere – warum wir uns an dieses Fest erinnern und uns darüber freuen, lautet: Die Himmelfahrt unseres Herrn sagt uns, dass Christus in und durch seine Kirche wirkt, durch das Evangelium. Der Bericht des Evangelisten Lukas zeigt, wie Christus seine Jünger auf den Dienst vorbereitet, den die Kirche nach seiner Himmelfahrt ausüben wird.

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Okuli: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn“ 2021 – Wenn das Lamm wie ein Löwe brüllt.

Habt ihr schonmal ein Lamm brüllen hören wie einen Löwen? Oder habt ihr jemals einen Löwen gesehen, der wie ein Lamm schweigt? Heute kommt unser Herr in seinen Tempel. Das Haus seines Vaters ist zu einem Haus der Waren, des Geldes und des Handels geworden. Und das Lamm brüllt! Mit Stricken in der Hand vollbringt der Erlöser ein fremdes Werk. D. h. er, der gekommen ist, um Gnade und Wahrheit zu bringen, bringt heute das Gesetz. Jesus, der den Tempel reinigt, gleicht eher Moses auf dem Berg Sinai.

Das Passahfest der Juden steht vor der Tür und die Juden haben das Haus seines Vaters zu einem Kaufhaus gemacht, wo sie Handel trieben. Womit haben sie gehandelt? Mit Geld? Ziegen? Lämmern? Ochsen? An dieser Stelle setzt Jesus an. Er stößt die Tische der Händler um. Er lässt die Tiere laufen. Er vertreibt sie alle aus dem Tempel. Er vertreibt sie aus dem Haus seines Vaters.

Wer ist Jesus, dass er so etwas tut? Das ist die Frage, die ihm von den Juden gestellt wird. „Wer denkst du, wer du bist, Jesus, dass du hier hereinkommst, als hättest du irgendein Recht oder die Macht so aufzutreten, und diesen heiligen Ort zu stören? Wer bist du, dass du unsere heiligen Geschäfte störst?“ Die Juden regten sich über ein paar umgeworfene Tische auf. Aber war Jesus wirklich besorgt über ein paar Geldwechsler und Opfertiere? Ist das der Grund, warum Jesus vom Eifer für das Haus seines Vaters erfüllt ist? Lehrt Jesus seine Jünger hier wirklich, keine Dinge in der Kirche zu verkaufen, also keinen Kuchenbasar oder Spendenaktionen in seiner Kirche zu veranstalten? Oder geht hier noch etwas anderes vor sich?

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2. Sonntag nach Epiphanias – Ich mache euch zu Menschenfischern.

Wo sind die Fische? Das ist eine Frage, die sich heute viele stellen. Und, nein, es geht nicht um Karpfen oder Forellen. Es geht um Menschen. Wo sind die Fische? Warum sehen wir sie nicht in der Kirche, so wie früher? Wessen Schuld ist es? Wir schrumpfen, seit Jahren, seit Jahrzehnten. Vielleicht brauchen wir ja ein anderes Netz, wenn wir kein Wachstum sehen?

Das sind Fragen, die sich uns stellen können, wenn wir über unseren heutigen Predigttext nachdenken. Dort nutzt Jesus selbst den Menschen-als-Fisch-Vergleich, als er Fischer zu seinen Jüngern beruft:

Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: „Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!“ Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.

Hier sind einige der Fragen, die wir heute versuchen wollen zu beantworten: Wer sind die Fischer? Wie passen wir in diesen Text, du und ich? Was ist mit den ganzen Fischen passiert? Brauchen wir ein anderes Netz? Was ist unser Netz? Gibt es in der Kirche Wachstum?

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2. Advent 2020 – Hier ist die gute Nachricht: Gott kommt zu uns!

Man könnte viele Gedanken aus unserem Predigttext aufgreifen und über sie reden: Johannes der Täufer, die Ankündigung durch den Propheten Jesaja, den Ort, an dem der Täufer wirkte, die Taufe Jesu, seine Versuchung. Doch wir wollen heuten für einen Augenblick über das „Evangelium“ nachdenken.

Markus beginnt sein Buch, atemlos, keine Vorstellung wie bei Lukas, keine Weihnachtsgeschichte wie Matthäus und Lukas, keine kosmischen Zusammenhänge wie Johannes. Nein, der erste Vers stellt uns mitten hinein:

„Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes…“

Oder wörtlich übersetzt: „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.“ Nicht einmal für ein Verb hat Markus Zeit. Wenn wir weiterlesen, geht es in atemberaubender Geschwindigkeit weiter. Was die anderen Evangelisten in Kapiteln beschreiben: Johannes, Jesu Taufe und Versuchung, reißt Markus in ein paar Versen an. Und dann kommen wir zum 14. Vers. Dort beschreibt Markus, wie Jesus selbst das Evangelium Gottes predigt:

„Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“

Denken wir also für einen Augenblick über das Evangelium nach. Evangelium ist ein Bericht, eine Nachricht, und zwar eine gute Nachricht. Es ist die Nachricht, dass Gott entschieden hat, zu handeln. Er hat entschieden Dinge in dieser Welt zu tun, durch Jesus von Nazareth, in einer Welt – die zu einem Ort voller schlechter Nachrichten geworden ist.

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Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr 2020 – Am Tag des Herrn ergeht es uns wie unseren Göttern.

Zur Zeit Samuels, ehe Gott Saul und David zu Königen machte, war die größten Feinde der Israeliten die Philister. Die Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Völkern dauerte Jahrhunderte – von Simson bis in die Zeit Davids. Doch zur Zeit Samuels, als Eli noch Hoherpriester war, kam es zu einer Schlacht zwischen den Israeliten und den Philistern. Damals brachten die Israeliten die Bundeslade mit zum Kampf, damit Gott ihnen half. Doch das Problem hatte bisher nicht auf Seiten der Israeliten gekämpft, weil sie die Bundeslade vergessen hatte, sondern weil sie ihn – und seinen Bund – vergessen hatten.

Israel wird geschlagen, die Bundeslade fällt in die Hände der Philister. Als Zeichen ihres Sieges bringen sie die Lade Gottes in den Tempel ihres Gottes Dagon in Aschdod. Sie waren der Meinung, ihr Gott hätte den Gott Israels besiegt. Doch am nächsten Morgen lag die Statue Dagons vor der Bundeslade auf dem Boden. Sie stellten sie wieder auf, doch am nächsten Morgen, lag sie nicht nur wieder auf dem Boden, sondern auch Kopf und Hände, sein Verstand und seine Kraft, waren abgeschlagen und lagen auf der Schwelle des Tempels. Eine große Plage kommt über die Philister und voller Panik schicken sie die Bundeslage schließlich wieder zurück zu den Israeliten. So entwickelte sich der Brauch, dass Dagons Priester und seine Anbeter, die Schwelle in seinem Tempel nicht mehr berührten.

Seitdem sind 500 Jahre vergangen. Die Philister sind längst nicht mehr das größte Problem der Israeliten. Doch der Prophet Zephanja wir zum Volk Juda gesandt. Er muss sie warnen, dass Gottes Gericht sie wieder treffen wird. Vor 500 Jahren nutzte Gott die Anhänger Dagons, um die Untreue ihrer Vorfahren zu strafen, aber er zeigte auch, dass er der Herr über Dagon ist. Nun muss Zephanja das Volk Gottes warnen:

„Ich will heimsuchen die Oberen und die Söhne des Königs und alle, die ein fremdländisches Gewand tragen. Auch will ich zur selben Zeit die heimsuchen, die über die Schwelle springen…“

Warum haben sie einen fünfhundert Jahre alten Brauch eines Volkes übernommen, deren falscher Gott ganz klar von Jahwe besiegt worden war? Warum muss Zephanja das Volk tadeln, dass sie Dagon verehren, wenn Dagon vor Jahwe nicht bestehen konnte?

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