Sermons on “Herrlichkeit”

Palmarum 2023: Jesus zieht in Jerusalem ein.

Mit dem heutigen Sonntag, dem Sonntag Palmarum oder Palmsonntag, stehen wir am Anfang der Karwoche. Es ist die Woche, in der wir den Höhepunkt des Leidens und Sterbens unseres Herrn bedenken. Es ist die Woche, auf die alle Evangelien hinarbeiten. Allein Matthäus, der unser heutiges Sonntagevangelium geschrieben hat, widmet dieser Zeit das letzte Drittel seines Evangeliums. Lukas und Markus tun es ihm gleich.

Bei Johannes ist das noch viel ausgeprägter. Letzten Sonntag haben wir den Bericht von der Auferweckung des Lazarus gehört. Jesus kommt und tröstet die traurigen Schwestern, Martha und Maria, erst durch die Verheißung des ewigen Lebens, dann indem er zeigt, dass er auch über den Tod Herr ist – er ruft Lazarus aus dem Grab heraus. Das war im 11. Kapitel. Mit dem Beginn von Kapitel 12 beginnt die eigentliche Leidensgeschichte unseres Herrn. Beinahe die Hälfte seines Evangeliums widmet Johannes dem Leiden und Sterben des Herrn, sowie seiner Auferstehung am Ostersonntag.

Doch auch die Art und Weise wie die vier Evangelisten durch den Heiligen Geist davon berichten unterscheidet sich. Die ersten drei – Matthäus, Markus und Lukas – sind sich hier sehr ähnlich. Doch Johannes bietet uns einen anderen Blickwinkel. Ja, sie berichten alle dasselbe Ereignis, aber sie unterscheiden sich, wann und vor allem wie sie das tun, voneinander. Und deshalb schätze ich den Bericht des Johannes über den Einzug Jesu in Jerusalem. Beachte, wie sehr sich Johannes von den anderen Evangelienschreibern unterscheidet.

Nicht nur, dass dieses Evangelium den Grund für den Namen dieses Sonntags nennt. Die Zweige, von denen auch die anderen berichten, sind Palmzweige, Zeichen des Sieges und der Freude. Wichtiger ist jedoch folgendes: In allen anderen Evangelien berichten die Evangelisten über das Ereignis, wie es sich entwickelt hat. Da hören wir von der Anweisung Jesu an seine Jünger, ihm das Eselsfohlen zu bringen, von dem Gehorsam der Jünger, die hingehen und tun, was ihnen Jesus gesagt hat. Wir hören von der Erfüllung der Weissagung, aus dem Alten Testament: „Der König Israels, der kommt, im Namen des Herrn.“ Wir erleben das Verhalten des Volkes, ihren Jubel einerseits und ihr Nichtverstehen andererseits. Wir erleben die Reaktion der Mächtigen, der Pharisäer, Schriftgelehrten und Priester. Sie lehnen Jesus ab. Sie wollen ihren Mordplan – den sie nach der Auferweckung des Lazarus endgültig gefasst hatten – in die Tat umsetzen, aber sie fürchteten sich vor der Reaktion des Volkes.

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4. Sonntag nach Trinitatis 2022: Lasst uns im Leiden auf das vertrauen, was Gott noch an uns tun will.

Bei einem Besuch in der Stadt Florenz, in einer Halle der dortigen Kunstakademie, ist ein besonderer Ort zu finden. Hier befindet sich die so genannte „Halle der Gefangenen“. In ihr stehen vier unvollendete Steinskulpturen. Einst arbeitete ein Künstler an diesen Marmorblöcken, aber er hörte mitten in seiner Arbeit auf. Die Kanten sind rau. Der Stein ist unförmig. Und doch kann man Figuren erkennen, vier Menschen, die aus dem Felsen auftauchen. Einige haben Gesichter. Anderen fehlen die Arme. Bei einem ist der Rumpf vollendet, aber die Beine verschwinden im unbehauenen Marmor, ebenso wie die Schultern. Was man erkennen kann, ist nur der Anfang von Figuren, ein Hauch von dem, was der große Meister geplant hatte.

Der Künstler ist der berühmte Maler, Bildhauer und Baumeister des 16. Jahrhunderts, Michelangelo. Er hat sie begonnen, aber niemals zu Ende gebracht. Es handelt sich um Sklaven, um Gefangene, die einst als Schmuck für das Grab des Papstes Julius II. gedacht waren. Aufgrund von Änderungen an den Plänen für dieses Vorhaben wurden sie von Michelangelo niemals vollendet. Sein Werk ist eingefroren in der Zeit. Das, was sie einmal waren, grobe Blöcke aus Marmor, ist nicht mehr vorhanden. Was sie sein werden, wunderschöne Skulpturen, ist noch nicht hier. Die Vergangenheit ist vergangen und doch ist sie noch da. Die Zukunft ist hier und doch ist sie noch nicht da.

Diese Steinblöcke, die anfangen wie vollkommene menschliche Figuren auszusehen, aber als solche nur zu erahnen sind, bilden einen passenden Vergleich für das, worüber Paulus in unserem Text spricht. Paulus redet vom Leiden dieser Zeit, dass wir mit der ganzen Schöpfung teilen. Und er redet von der wunderbaren Erlösung der Kinder Gottes, die schon in uns angefangen hat, aber noch nicht vollkommen ist. Wir sind dazu eingeladen zu leben, zu hoffen, auf das zu vertrauen, was noch werden soll: Lasst uns im Leiden dieser Zeit auf das vertrauen, was Gott noch an uns tun will.

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