Sermons on “Glaube”

Lätare 2023: Wir sehen das Licht der Welt.

Ein kluger Mann. Eine durstige Frau. Ein blinder Bettler. Eine trauernde Schwester. In jedem dieser vier Texte aus dem Johannesevangelium, die als Predigttexte für die Passionszeit vorgeschlagen wurden, geht es um einen bestimmten Menschen, der Jesus begegnet ist und der durch diese Begegnung verändert wurde. Diese Menschen lebten in Zeiten und an Orten, die weit von unseren entfernt sind, aber wir haben mehr gemeinsam, als wir uns auf den ersten Blick vorstellen können. Wir sind manchmal klug – wie Nikodemus. Wir sind durstig – wie die Samariterin am Jakobsbrunnen. Wir sind in vielerlei Hinsicht blind – wie die Menschen in unserem heutigen Predigttext. Wir trauern – wie die Schwestern von Lazarus.

In dieser Woche steht ein blinder Mann im Mittelpunkt. Es ist ein langer Text, zu lang, um auch nur alle Fragen und Themen kurz anzusprechen, die wir hier finden: Die Jünger stellten die falsche Frage. Die Eltern distanzierten sich von ihrem Sohn. Die Pharisäer weigerten sich zu glauben. Die Nachbarn waren verwirrt. Und dann ist da noch der Brei aus Erde und Spucke. Diese Einzelheiten und Nebenhandlungen sind alle wichtig, aber wir wollen heute einmal versuchen, uns allein auf den Mann zu konzentrieren, der blind geboren wurde. Dieser Mann lebte schon immer in Dunkelheit – bis er Jesus begegnete.

Die meisten von uns können eine derartige Blindheit nicht verstehen. Wir brauchen vielleicht eine Brille, aber zumindest können wir sehen, wohin wir gehen. Das kann jedoch trügerisch sein, denn unsere Sicht ist nicht vollkommen. Wir sehen nicht so viel, wie wir meinen. Wie der jugendliche Autofahrer, der nicht gelernt hat, wie wichtig es ist über die Schulter zu schauen, ehe man die Spur wechselt, haben auch jeder von uns einen toten Winkel. Natürlich sind unsere toten Winkel naturgemäß vor uns verborgen. Doch tote Winkel können ernsthafte Probleme verursachen, wie der Fahranfänger bald feststellen wird.

Mehr

8. Sonntag nach Trinitatis 2022: „Das Wunder des Glaubens.“

Viele Ausdrücke der Bibel sind sprichwörtlich geworden. Einer davon ist: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Himmelreich kommt.“ Um dieses Wort Jesu ranken sich viele Legenden. Viele Ausleger und Prediger, die ihnen folgen, reden von einem kleinen Tor in der Stadtmauer Jerusalems, durch das nur Fußgänger gehen konnten. Kamele dagegen mussten entladen werden und auf den Knien durchrutschen. Ihre Schlussfolgerung: Es ist nicht leicht in den Himmel zu kommen, aber wenn du dich ganz klein machst und Hilfe hast, geht es.

Auch die Jünger waren entsetzt: „Wer kann dann gerettet werden?“, fragten sie. Jesus: „Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“ Es hat dieses Tor niemals gegeben. Aber Übertreibung veranschaulicht. Kein Mensch kann aus eigener Kraft glauben oder im Glauben bleiben. Man könnte sagen,

Glaube ist unmöglich. Wenn man innehält und über all die Dinge nachdenkt, die dem Glauben entgegenstehen, ist es erstaunlich, dass überhaupt jemand von uns ihn hat. An das Evangelium von Jesus Christus und alles, was damit zusammenhängt, zu glauben, auf die Güte und die Verheißungen Gottes zu vertrauen, trotz all der Dinge, die uns vom Glauben abhalten – das ist einfach erstaunlich. Deshalb wollen wir heute über „das Wunder des Glaubens“ sprechen.

Mehr

1. Sonntag nach Ostern: Quasimodogeniti – „Wie die neugeborenen Kinder“ – 2021: Durch Jesus Christus hat Gott den Tod für uns besiegt.

Ein Krankenwagen jagt mit heulender Sirene um die Ecke. Unwillkürlich schauen alle hin. Wen es wohl dieses Mal erwischt hat? Ganz ähnlich geht es uns, wenn wir sehen, wie ein Auto des Bestattungsinstitutes vor einem Haus stehen bleibt. Sind sie nicht Triumphwagen des Todes?

Auf dem Friedhof reiht sich Stein an Stein, dutzende, ja, hunderte von Menschen liegen hier begraben. Wenn wir dann selbst vor dem Grab eines lieben Angehörigen oder Freundes stehen, erscheinen sie uns dann nicht oft genug wie Siegessäulen des Todes? Wieder hat er Tod sich als der Stärkere, als der Sieger erwiesen.

Auf einer Beerdigung stehen Menschen in schwarzer Kleidung zusammen und trauern um den Verlust eines lieben Menschen. Viele Tränen fließen. Die Stimmung ist traurig und bedrückt. Erscheint uns diese Trauerfeier nicht oft genug wie eine Siegesfeier des Todes? Wir haben verloren, doch der Tod geht als Sieger aus einem oft langen und schmerzhaften Kampf hervor.

In unserem Text sagt Gott durch den Propheten Hosea ein eindeutiges Nein zu dieser Vorstellung. Hosea war ein Prophet im Nordreich der zehn Stämme Israels. Dort musste er im Auftrag Gottes dem Volk Gottes Zorn und Gericht verkünden. Sie hatten den Herrn, der sie aus Ägypten führte und sie gnädig bewahrte, wieder und wieder verlassen. Nun wird sie der Herr auch verlassen und in die Hände der Assyrer fallen lassen. Und Gott sagt zum Volk:

Hos 13,9: „Israel, DU bringst dich ins Unglück; …“

Mitten in diesem Abschnitt voller Drohungen gegen das Volk Israel steht unser Vers. Und hier spricht Gott selbst, ganz persönlich, zu seinen Kindern. Mitten in der Gerichtsankündigung tröstet Gott den gläubigen Rest seiner Kinder. Am heutigen Osterfest wollen wir diese tröstliche Botschaft aufgreifen und uns zu eigen machen: Durch Jesus Christus hat Gott den Tod für uns besiegt. Drei Dinge zeigt uns unser Text:

1. Gott verspricht die Erlösung von Hölle und Tod.

2. Gott wird den Preis für unsere Erlösung zahlen.

3. Gott zeigt, dass dieser Sieg noch vor unseren Augen verborgen ist.

Mehr

Ostermontag – Die Auferstehung des Herrn – 2021: „Wie er euch gesagt hat.“

„Der Herr ist auferstanden!“; „Jesus lebt!“ So, oder so ähnlich kann man es auf unzähligen christlichen Osterkarten lesen. Und bis heute grüßen sich Christen in der ganzen Welt mit dem alten Ostergruß: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Die Verkündigung seiner Auferstehung entlockt uns eine fröhliche Antwort des Glaubens. Und das zu Recht. Das ist der Mittelpunkt unserer großartigen Hoffnung als Christen, dass Christus, unser Herr, die Sünde und den Tod für uns besiegt hat und uns die zuversichtliche Hoffnung auf unsere eigene Auferstehung und das ewige Leben gegeben hat.

Das macht unseren heutigen Predigttext, das Osterevangelium, so eigenartig. Es endet nicht so, wie wir es gerne hätten. Wir wollen, dass die Frau am Grab, die gerade diese großen Worte gehört haben mit uns rufen: „Er ist auferstanden? Halleluja!“ Wir wollen, dass sie mit neuem Schwung und einem vertrauensvollen, zuversichtlichen Herzen vom Grab weggehen, bereit, jedem, den sie treffen, die gute Nachricht zu erzählen, die sie gerade gehört haben.

Aber das tun sie nicht. Unser Text endet ganz anders. Stattdessen werden sie von Zittern und Entsetzen ergriffen. Der Osterberichtet endet mit den uns sehr unwahrscheinlich erscheinenden Worten: „denn sie fürchteten sich.“ Also wirklich, Markus, musst du diesen Bericht so enden lassen? Nimm dir doch lieber ein Beispiel an den anderen Evangelisten!

Doch auch dieses kurze Ende funktioniert. Es passt zum restlichen Markusevangelium. Und es lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Grundlage unseres Glaubens und unserer Hoffnung: das zuverlässige und gewisse Worte Jesu. Das kommt in einem kleinen Satz zum Ausdruck, den der Engel benutzt, wenn er, sich auf Jesus beziehend, sagt: „Wie er euch gesagt hat.“

Mehr

2. Sonntag nach Epiphanias – Ich mache euch zu Menschenfischern.

Wo sind die Fische? Das ist eine Frage, die sich heute viele stellen. Und, nein, es geht nicht um Karpfen oder Forellen. Es geht um Menschen. Wo sind die Fische? Warum sehen wir sie nicht in der Kirche, so wie früher? Wessen Schuld ist es? Wir schrumpfen, seit Jahren, seit Jahrzehnten. Vielleicht brauchen wir ja ein anderes Netz, wenn wir kein Wachstum sehen?

Das sind Fragen, die sich uns stellen können, wenn wir über unseren heutigen Predigttext nachdenken. Dort nutzt Jesus selbst den Menschen-als-Fisch-Vergleich, als er Fischer zu seinen Jüngern beruft:

Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: „Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!“ Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.

Hier sind einige der Fragen, die wir heute versuchen wollen zu beantworten: Wer sind die Fischer? Wie passen wir in diesen Text, du und ich? Was ist mit den ganzen Fischen passiert? Brauchen wir ein anderes Netz? Was ist unser Netz? Gibt es in der Kirche Wachstum?

Mehr

2. Sonntag nach Weihnachten 2021 – „Wisst ihr nicht …?“

„Wisst ihr nicht …?“ – gibt es einen schärferen Tadel aus dem Mund Jesu als diese Worte? „Wisst ihr nicht, Maria und Josef?“ Haben wir nicht erst vor ein paar Tagen davon gehört, wie sie voller Staunen und Begeisterung auf das Kind in der Krippe geschaut haben? Hat der Engel Gabriel ihnen nicht ganz genau gesagt, wer dieses Kind sein würde? Maria und Josef wussten mehr über diesen Jesus als irgendjemand sonst. Doch Jesus sagt zu ihnen:

„Wisst ihr nicht …?“

Ja, es ist eine vertraute Geschichte. Jedes Jahr fand in Jerusalem das Passahfest statt. Jedes Jahr folgte Jesus seinen Eltern Maria und Josef von Jerusalem wieder nach Hause, nach Nazareth. Doch dieses Jahr ist alles anders. Jesus bleibt in Jerusalem zurück, im Tempel. Dort hört er auf die Lehrer und versetzt jedermann mit seinen Fragen in Erstaunen – drei Tage lang!

Seine Eltern merken schließlich, dass er nicht dort ist, wo sie es annahmen und so machten sie sich auf die Suche nach ihm. Und nachdem sie ihn gefunden hatten, tun sie das, was Eltern in solchen Fällen tun. Sie schreien ihn an. Wenn dies eine dieser Comicbibeln wäre, dann würde es jetzt Hausarrest setzen. „Drei Wochen lang keine Playstation, Jesus!“ Zweifellos habt ihr ein Bild in eurem Kopf, wie Jesu Mutter ihn von oben her anschaut, ihn anschreit und er antwortet voller Unverständnis:

„Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“

Lukas berichtet uns nicht ausdrücklich, was Maria und Josef dachten. Aber er macht deutlich, dass sie erwarteten, dass Jesus ihnen folgte. Und Maria fühlte sich ganz gewiss im Recht, als sie Jesus tadelte. Sie hatten bestimmte Erwartungen, die Jesus erfüllen sollte. Und ihnen beiden kam es überhaupt nicht den Sinn, dass er etwas anderes tun würde. Klingt vertraut? Maria und Josef waren vielleicht die ersten, aber bestimmt nicht die letzten, die sich eigene Gedanken darüber machten, was Jesus tun sollte.

Mehr

4. Advent 2020 – Wir belauschen das Gespräch zwischen Gabriel und Maria

Unser Leben ist voller Gespräche. Jeden Tag reden wir mit Familienmitgliedern und Freunden, mit Arbeitskollegen und Nachbarn, Klassen- und Spielkameraden. Die Themen, um die es dabei geht, sind meistens vorhersehbar. Wir reden über das Wetter, über unsere Kinder, Enkel oder Urenkel. Es geht um die Arbeit, die Schule oder um die Politik. Auch die Gesundheit ist immer ein Thema. Heute würden wir wohl Corona, Weihnachtspläne und Ausgangssperren hinzufügen. Die meisten dieser Gespräche haben eines gemeinsam, schon am nächsten Tag erinnern wir uns höchstens noch daran, dass wir sie geführt haben, wissen aber längst nicht mehr, worum es dabei eigentlich ging.

Doch es gibt auch andere Gespräche; Gespräche, an die wir uns sehr wohl erinnern, die sich in unser Gedächtnis eingebrannt haben. Das letzte Gespräch mit unserem Vater oder unserer Mutter, vor ihrem Tod. Das lange Gespräch mit deinem zukünftigen Ehepartner, ehe er oder sie ja gesagt hat. Es gibt Gespräche, die dazu geführt haben, dass jemand noch einmal einen völlig neuen Beruf erlernt oder ein Studium begonnen hat; die Wahl unseres Wohnortes oder der Name unseres Kindes. Diese Art von Gesprächen bleibt uns im Gedächtnis. Wir könnten sie nicht einmal dann vergessen, wenn wir es wöllten. Sie haben unser Leben für immer verändert.

Im Mittelpunkt unserer heutigen Predigt steht ebenfalls ein Gespräch und ganz sicher gehört es zur zweiten Art, der Art von Gesprächen, die sich dem Gedächtnis einprägen. Hier ist ein einfaches Mädchen vom Land, ein Teenager, im Gespräch mit einem mächtigen Boten Gottes. Und der Evangelist Lukas, berichtet am Anfang seines Buches, dass er genau nachgeforscht hat über die Ereignisse, von denen er berichtet. So hat er sicher auch mit Maria gesprochen, die ihm von diesem Gespräch berichtet hat. Lasst uns dieses Gespräch belauschen, das Gespräch zwischen dem Engel Gabriel und der Jungfrau Maria.

Mehr

18. Sonntag nach Trinitatis 2020 – Glaubenskampf und Lebenberuf der Christen.

„Eingeschüchtert!“, so könnte man eine erste Reaktion auf das beschreiben, was Paulus zuerst Timotheus – dann aber auch Lucie und letztlich uns allen zuruft. Häufiger finden wir in Gottes Wort, den Vergleich des christlichen Lebens mit einem Kampf, entweder dem Kampf eines Soldaten im Krieg (1,18; Eph 6,10ff) oder dem eines Sportlers im Wettkampf. Kampf, das riecht nach Entbehrung, Anstrengung, Schweiß, Muskelkater, nach Üben, Üben, Üben; aber auch nach Verletzungen, Rückschlägen, Zweifeln und Fragen.

Die Zeit bis zur Konfirmation kann sich so anfühlen. Jahr für Jahr – Christenlehre, Ausarbeitungen, Biblische Geschichte, Katechismus auswendig lernen – und dann – der Höhepunkt der Anspannung: die Konfirmandenprüfung. Das, was wir heute – durch Gottes Gnade und Güte – feiern dürfen und wollen, fühlt sich dann fast wie die Siegerehrung an. Ziel erreicht, Wettkampf überstanden: Konfirmation – noch einmal im Rampenlicht stehen, und dann, die Teilnahme am heiligen Abendmahl. Ein durchaus passender Vergleich – und doch einer, der völlig daneben liegt. Lasst uns heute über Glaubenskampf und Lebensberuf der Christen reden.

Mehr

Altjahresabend 2019: Auch unser Gebet darf lauten: Ich glaube, hilf meinem Unglauben!

Die Jahreslosung für das kommende Jahr, 2020, ist eine von jenen Bibelstellen, die wir auf der einen Seite gut kennen, sie uns andererseits aber – zumindest geht es mir immer wieder so – leicht verwirrt zurücklassen: »Ich glaube; hilf meinem Unglauben.« Wie kann das sein, dass man zwei Worte, die das genaue Gegenteil voneinander aussagen, in ein- und demselben Satz gebraucht? Kann ich glauben und zugleich nicht? Wir wollen jetzt gemeinsam betrachten, was wir aus diesen Worten, diesem Gebet eines verzweifelten Vaters lernen können, und wie tröstlich diese Worte letztlich für uns sind, jeden Tag unsers Lebens, sei es im vergangenen Jahr oder auch im kommenden: Auch unser Gebet lautet: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!

Mehr

17. Sonntag nach Trinitatis 2019

In unserem heutigen Predigttext ist Jesus immer noch auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg ans Kreuz. Auf den ersten Blick scheinen die Worte, die er an seine Jünger und Apostel richtet, nicht wirklich zusammenzugehören, sondern einfach nur lose aneinander gereiht zu sein: es geht darum, andere nicht zur Sünde zu verführen; gegenseitige Vergebung unter Glaubensgeschwistern; eine Zunahme im Glauben und schließlich unwürdige Knechte, die nur ihre Pflicht tun. Doch ein zweiter, genauerer Blick ermöglicht uns vielleicht doch, Zusammenhänge zu erkennen. Jesus schenkt uns Glauben, um in der Gemeinschaft zu leben.

Mehr