Sermons on “Vergebung”

Buß- und Bettag 2022: „Komm nach Hause.“

Petrus dachte, er wäre großzügig als er Jesus fragte: „Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal?“ (Mt 18,21). Stell dir vor da ist jemand, der dich belogen, bestohlen oder verraten hat; ein Freund, der dir den Rücken zugekehrt hat, ein Geschäftspartner oder Arbeitskollege, der dich verraten hat; ein Ehepartner der dich betrügt. So einem Menschen sieben Mal zu vergeben, ihm neu zu vertrauen, weiter mit ihm zu reden und zu arbeiten – seien wir ehrlich – das wäre schon ziemlich außergewöhnlich.

Umso mehr erstaunt – vielleicht sogar entsetzt – uns die Antwort, die wir aus dem Mund Jesu hören: „Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal“ (Mt 18,22). Wie bitten? Haben wir uns verhört? Nein, so soll unsere Vergebung sein – ohne Grenzen, ohne Unrecht miteinander zu verrech¬nen. Warum? Jesus erklärt das mit dem Gleichnis vom bösen, unversöhnlichen Knecht. Ihm wurde eine unbezahlbare Schuld – viele Milliarden nach heutigem Geld – erlassen. Er aber war nicht bereit auch nur ein paar Tausender zu erlassen. Gott ist so großzügig, wie dieser König. Und aus diesem Blickwinkel wollen wir auch unseren heutigen Predigttext betrachten, einen Teil des Gleichnisses vom verlorenen Sohn.

Denn, so vertraut, tröstlich und schön dieser Text auch ist, wir neigen doch dazu, ihn nicht auf unseren Alltag, auf unser tägliches Leben anzuwenden. Doch stellen wir uns einmal folgendes vor: Fast auf den Tag genau fünf Jahre, nachdem er das erste Mal nach Hause zurückgekehrt war, leerte der verlorene Sohn sein Bankkonto, packte ein paar Anziehsachen zum Wechseln ein und geht wieder in das ferne Land zurück. Schon wieder. Im ersten Jahr nach seiner Rückkehr war er einfach froh, wieder zu Hause zu sein. Er leckte seine Wunden und arbeitete an den Beziehungen zu seiner Familie und den Menschen im Ort.

Mehr

19. Sonntag nach Trinitatis 2022: „Unser Heiland Jesus und der geheilte Gelähmte.“

Das Jahr neigt sich seinem Ende entgegen. Noch genießen wir einen schönen Herbst, mit Sonne, Regen, recht angenehmen Temperaturen und vielen prächtigen, buntbelaubten Bäumen. Doch sobald der erste Nachtfrost kommt, ist es vorbei mit der herbstlichen Pracht. Und in den Geschäften gibt es schon länger Weihnachtssachen zu kaufen.

Mit dem Ende des Jahres nähern wir uns auch dem Ende des Kirchenjahres. In diesen letzten Wochen verweisen die Texte und Lesungen, die die christliche Kirche für ihre Gottesdienste ausgewählt und festgelegt hat, immer deutlicher auf die so genannten „letzten Dinge“. Den Höhepunkt erreichen wir dann am letzten Sonntag im Kirchenjahr, dem Ewigkeitssonntag.

So, wie der Herbst uns an das bevorstehende Jahresende erinnert, so erinnert auch der Ende des Kirchenjahres daran, dass unser Leben und diese Welt ein Ende finden werden. Die Evangelien der kommenden Sonntag richten den Blick darauf, weshalb Christen dem Ende ihres Lebens als auch dem Ende dieser Welt und dem kommenden Gericht Gottes zuversichtlich entgegensehen können. Einer der Gründe dafür ist die Vergebung, die Vergebung der Sünden, die wir haben dürfen und von der auch unser heutiger Text handelt. Unser Heiland Jesus und der gläubige Gelähmte.

1. Jesus vergibt.
2. Jesus heilt.

Mehr

3. Sonntag nach Trinitatis: Es gibt kein: „Ich bin besser als…“ im Leib Christi.

Schon die Kinder in der Schule lernen, was für ein Wunderwerk der menschliche Körper ist. Die vielen unterschiedlichen Teile, aus denen er besteht, die zusammenarbeiten, um unseren Alltag möglich zu machen. Schauen wir doch nur auf unsere Hände. Wie viele Gelenke, Muskeln und Sehnen sind nötig, damit wir ohne Probleme z. B. ein Glas Wasser ergreifen und daraus trinken können. Oder denken wir an unsere Beine. Wie viel gehört dazu, dass ein Mensch steht oder läuft, geschweige denn rennt.

Doch was Kinder meist als selbstverständlich hinnehmen, weil alles bestens funktioniert, wird – je älter wir werden – immer weniger selbstverständlich. Und selbst Kinder können erkennen, dass Wasser trinken, Stehen, Laufen oder Rennen alles andere als selbstverständlich sind, wenn sie ein kleines Geschwisterchen haben, dass diese Dinge gerade mühsam erlernt und dabei Wasser verschüttet, hinfällt oder nicht so richtig vom Fleck kommt.

Wir, die wir älter werden, müssen erkennen, dass es passieren kann, dass diese Dinge nicht mehr so gut zusammenarbeiten, wie das vielleicht früher einmal der Fall war. Wenn man jünger ist, muss man nicht über diese Dinge nachdenken. Damals lief alles ohne Probleme, die einzelnen Körperteile arbeiteten reibungslos zusammen. Wenn ein junger Mensch losrennen wollte, konnte er das einfach tun. Jetzt sieht das etwas anders aus. Jetzt ist er alt geworden und wenn er lossprinten will, dann muss er sich als erstes eingestehen, dass das Wort „schnell“ für ihn eine ganz andere Bedeutung bekommen hat. Doch dann muss er sich eingestehen, dass er vorsichtig sein muss. Er muss überlegen, ob das mit dem Losrennen überhaupt noch eine gute Idee ist oder ob er einfach hinfällt. Er stolpert nicht, er fällt einfach um, denn die einzelnen Teile seines Körpers arbeiten nicht mehr richtig zusammen, so wie früher.

Mehr

2. Sonntag nach Epiphanias 2022: „Hin zur Weisung und hin zur Offenbarung!“

Wir leben in unruhigen Zeiten. Ganz gleich wohin wir in unserer Welt auch schauen, im Fernsehen, in der Zeitung, im Internet, es sind überwiegend schlechte Nachrichten zu hören. Vom alles beherrschenden Thema der letzten zwei Jahre abgesehen: es steigen die Preise, der Ton zwischen den Völkern wird immer rauer, mancher redet schon ganz offen vom Krieg – und das nicht irgendwo weit weg, sondern hier, mitten in Europa.

Doch meist müssen wir gar nicht auf die weite Welt schauen. Es genügt, der Blick ins eigene Umfeld. Nun würden die meisten von uns wohl immer noch sagen, dass es uns ganz gut geht oder dass er dankbar ist, für alles, was er haben durfte. Doch spätestens im Blick auf unsere Kinder oder Enkelkinder, oder Menschen, die uns am Herzen liegen, fangen wir dann doch an, uns Sorgen zu machen.

Werden meine Kinder ihre Arbeitsstelle behalten? Wird der liebe Mensch wieder gesund werden? Werden meine Enkel eine Ausbildungsstelle finden? Werden sie ihre Prüfungen bestehen? Werden sie einen guten Ehepartner finden und glücklich werden? Solche und ähnliche Fragen stellen wir uns wohl alle mehr oder weniger und wir kennen auch das dumpfe Gefühl ungelöster Fragen und Probleme, das Gefühl, das Leben nicht in der Hand zu haben.

In eine solche Lage hinein ist auch unser Predigttext zuerst entstanden. Als Jesaja diese Worte von Gott empfing, wurden die unmittelbaren Nachbarn Judas, das Nordreich Israel, gerade von den Assyrern, einer damaligen Supermacht, unterworfen. Besorgt, voller Ungewissheit und Angst, blickten die Menschen auch im Südreich Juda in die Zukunft. Wie würde es weitergehen? Was würde die Zukunft bringen? Was Gott seinem Volk zu sagen hat, war nicht nur damals aktuell, es ist bis heute gültig. „Hin zur Weisung und hin zur Offenbarung!“

Mehr

Lätare: „Freut euch mit dem Volk Gottes“ 2021 – Es ist atemberaubend, wie sehr Gott uns liebt.

Unser heutiger Predigttext gehört wohl zu den bekanntesten Bibelversen überhaupt. Gerade in christlichen Kreisen ist er so bekannt, dass man ihn gar nicht mehr anführen muss. Mancher sagt nur „316“ und viele Christen wissen, was gemeint ist.

Deswegen trägt dieser Vers von alters her noch einen anderen Namen, das Evangelium in nuce, d. h. wörtlich: „Das Evangelium in einer Nuss.“ Dieser eine Vers enthält alles, was wir brauchen, um gerettet zu werden.

Gibt es an einem Sonntag, der den Namen Lätare trägt und uns zur Freude aufruft, einen besseren Text? Diese wenigen Worte erscheinen auf den ersten Blick unscheinbar und doch sind sie atemberaubend. Lasst uns heute gemeinsam bedenken: Es ist atemberaubend, wie sehr Gott uns liebt!

Mehr

Invokavit: „Er ruft zu mir“ – 2021: Hinaus in die Wüste

Heute ist der erste Sonntag in der Fastenzeit. Das heutige Evangelium berichtet von der Versuchung Christi in der Wüste. Unser Predigttext hält uns die weniger bekannte Version nach Markus vor Augen. Es ist der kürzeste und knappste dieser drei Berichte, der uns trotzdem viel zu sagen hat. Begleiten wir also unseren Herrn „in die Wüste“. Markus schreibt:

„Und alsbald trieb ihn der Geist in die Wüste; und er war in der Wüste vierzig Tage und wurde versucht von dem Satan und war bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.“

Jesus kommt an den Jordan, wird vom Täufer getauft, der Heilige Geist kommt auf ihn herab, um ihn als den Christus zu salben, und die Stimme des Vaters sagt zu Jesus:

„Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“

Vom Geist bevollmächtigt, vom Vater bestätigt – Jesus ist startklar! Es gibt viel zu tun: predigen, lehren und heilen. Lasst uns loslegen. Doch halt! Zuerst passiert etwas. Etwas, das man nicht erwarten würde.

Mehr

Fest der Beschneidung des Herrn 2021 – Neujahr und der Name Jesus

Es gibt Zeiten, in denen unser weltlicher Kalender und unser Kirchenjahr miteinander in Konflikt geraten. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der 31. Oktober. Sollten wir diesen Tag als den Vorabend von Allerheiligen feiern (ein wichtiger Feiertag in einigen Teilen der Welt) und als den Tag, an dem Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen hat?

Das eine denkt an die Menschen zurück, die Gott im Glauben erhalten hat, bis sie die Seligkeit erreicht haben. Der Thesenanschlag ist ebenfalls Anlass zu danken, Dank dafür, dass Gott uns immer wieder das reine Evangelium schenkt, die frohe Botschaft von unserer Rettung. Oder sollten wir diesen Tag doch lieber als Halloween feiern, mit all den Kostümen und Süßigkeiten, die dieser Tag mit sich bringt? Natürlich sind die beiden miteinander verbunden.

Es gibt auch andere Daten im Kalender, wo der weltliche und der geistliche Bereich miteinander kollidieren, und, wenn wir etwas genauer hinschauen, werden wir erkennen, dass auch sie miteinander verbunden sind. Zu diesen Daten gehört auf jeden Fall der 1. Januar. Hier lässt sich sowohl der Beginn eines neuen Kalenderjahres als auch ein kleines, wenig bekanntes Fest feiern, dass den etwas sperrigen Namen „Fest der Beschneidung und Namensgebung Jesu“ trägt.

Mehr

Pfingstsonntag: „Die Ausgießung des Heiligen Geistes“ – 2020: Pfingsten im Licht des Alten Testaments

Heute feiern wir Pfingsten. Und vielleicht geht es euch ja wie wir, dass wir uns fragen: Warum Pfingsten? Nicht „warum“ wie in: Warum feiern wir Pfingsten? Sondern wie in: Warum hat Jesus den Heiligen Geist gerade an diesem Fest ausgegossen? Und, nachdem ihr den heutigen Predigttext gehört habt: Was hat dieser Text mit Pfingsten zu tun?

Auch wenn der Name „Pfingsten“ im Alten Testament so nicht auftaucht, so haben wir doch in unserem Text aus dem 3. Buch Mose die Einsetzung des alttestamentlichen Pfingstfestes vor uns. Pfingsten kommt ja aus dem Griechischen und bedeutet nichts weiter als „der fünfzigste Tag“. Fünfzig Tage nach Ostern gießt Jesus seinen Heiligen Geist über die Jünger aus. Und wir fragen uns, was bedeutet das für uns? Pfingsten im Licht des Alten Testaments.

Mehr

2. Christtag 2019: Geboren, um zu sterben.

Wahrscheinlich gibt es kein Ereignis im Leben eines Menschen, das größere Freude hervorruft und verbreitet als die Geburt eines Kindes. Wie oft haben wir es selbst erlebt oder die folgenden Szenen auf unseren Bildschirmen verfolgt?

Da ist die junge Mutter mitten in der der Geburt. Sie liegt im Kreißsaal, Schweiß steht ihr auf der Stirn, der Atem geht schwerer. Die Wehen kommen in immer kürzeren Abständen. Dabei ist noch die Hebamme, die alles im Blick hält und der werdenden Mutter Mut macht: „Noch einmal kräftig pressen!“ Außer der Hebamme ist noch der werdende Vater anwesend, dessen Hand sie umklammert hält. Aufgeregt steht er daneben und wartet auf das langersehnte Ereignis.

Und dann ist es endlich soweit. Erst ist ein kleines Köpfchen zu sehen und mit der nächsten Wehe erblickt ein kleines Menschenkind das Licht der Welt. Der stolze Vater darf die Nabelschnur durchtrennen.

Und schließlich ist der erste Schrei des Neugeborenen zu hören. Das kleine Baby wird in Mamas zitternde Arme gelegt. Tränen der Freude fließen über ihre Wangen und feiern dieses erstaunliche, göttliche Geschenk eines neuen menschlichen Lebens. Und Papa, Papa schnappt sich sein Telefon und verbreitet die Geburt des Babys mit einem Fingerdruck in der ganzen Welt. Das Leben, ein neues Leben, ist es wert, gefeiert zu werden und Eltern können gar nicht anders, sie müssen ihre Freude mit anderen teilen.
Darüber wollen wir heute auch nachdenken, und über diesen Text schreiben. Die Freude über die Geburt unseres Retters.

1. Unser Retter wurde geboren.

2. Unser Retter wurde geboren, um zu sterben.

Mehr